Das Grab ist leer!

Als die Frauen am Morgen nach dem Sabbat zur Grabhöhle laufen, um den Leichnam Jesu nach üblichem Brauch zu balsamieren, trauen sie ihren Augen nicht: Der große schwere Stein, der nur mit Müh und Not durch die Kraft mehrerer Männer vor das Grab gewälzt wurde, ist nicht mehr an seinem Platz! Das Grab steht offen. Ein Blick hinein in die kleine Höhle lässt sie wiederum erschrecken: Der Leichnam Jesu ist verschwunden; nur die Tücher, in die er gewickelt wurde, sind noch übrig. Stattdessen empfängt sie ein Engel, der ihnen erklärt, dass Jesus lebt. — Doch die Frauen verstehen zunächst gar nichts und laufen stattdessen voller Angst davon. Alles, was sie eben erlebt haben, übersteigt ihren Verstand!

Uns wäre es wohl ebenso ergangen. Wer kann so etwas schon glauben? Jesus hatte es seinen Jüngern zwar angekündigt, aber wie sollte das gehen? Es übersteigt auch unseren Verstand.

Erst durch die Begegnung des tatsächlich von den Toten auferstandenen Jesus selbst, fangen die Frauen — und später auch die Jünger — an zu glauben. Nach und nach verstehen sie, was Jesus gemeint hatte mit seinen Worten und seiner Lehre. Tod und Auferstehung Jesu werden zum Fundament des christlichen Glaubens.

Die Bedeutung des Ostersonntages zeigt sich auch in der geschichtlichen Entwicklung. So feiern wir unsere wöchentlichen Gottesdienste nicht mehr am Samstag, also am Sabbat, wie es unsere jüdischen Glaubenswurzeln vermuten ließen, sondern am Sonntag, dem Tag der Auferstehung. Im 4. Jahrhundert, als das Christentum unter Kaiser Konstantin zur Staatsreligion erhoben wurde, erfolgte damit auch die Verlegung des wöchentlichen Ruhetages auf den Sonntag. Jeder Sonntag ist für uns eine Erinnerung und eine Feier der Auferstehung unseres Herrn.

Auch knappe 2.000 Jahre später hat sich nichts daran geändert, dass Tod und Auferstehung Jesu die zentralen Punkte unseres Glaubens darstellen. Zwar gab es im Lauf der Geschichte bis heute viele Versuche, die Auferstehung Jesu umzudeuten, etwa so dass nur seine Ideen weiterlebten, doch haben sich all diese Versuche als nicht tragfähig erwiesen. Schon Paulus kam zu dem Schluss: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.“ (1. Korinther 15,14) Auch wenn es unser Verstehen weit übersteigt, dürfen wir daran festhalten und glauben, dass Jesus Christus lebt — und mit ihm auch wir!

Nach den Wochen der Passion und des Fastens liegt nun eine Zeit voller Freude vor uns. Symbolisch dafür werden in unseren Kirchen weiße Paramente (die Tücher an Altar, Kanzel und Redepult) aufgehängt, die uns außerdem verdeutlichen, dass wir nun reingewaschen sind von unserer Sünde. Die Osterfreude haben wir in dieser Zeit wohl nötiger denn je. Groß sind die Sorgen und Ängste vor Krankheit und Einschränkungen, nur klein die Hoffnung auf Besserung. Das Osterfest erinnert uns wieder neu daran, dass unser Herr und Erlöser Jesus Christus größer ist als jede Krankheit, dass er selbst den Tod besiegt hat, dass es für uns Christen Hoffnung gibt — Hoffnung bis in die Ewigkeit!

Mögen die Umstände noch so schlimm aussehen, an der Tatsache, dass Jesus lebt, ändert sich nichts! Das ist Grund zur Freude, das ist Grund zur Hoffnung. Der auferstandene Jesus Christus hat uns versprochen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus 28,20b)

So wünsche ich Ihnen eine Osterzeit voller Freude, in der Sie von ganzem Herzen sagen können: Jesus lebt, mit ihm auch ich! (Ev. Gesangbuch, Lied 115)

Vikar Samuel Friebis